(c) H.-G. Gräbe, 11/2005 Quelle: http://www.hg-graebe.de/Texte/Kommentare/ND/05-11-02.txt ================================================================ Zum Leserbrief von Prof. Heinz Wachowitz bzgl. des "Potsdamer Manifests" (ND 1.11.2005) Ich halte es für eine arge Verkürzung ihres Lesers zu meinen, dass das "Raumschiff Erde" zu retten sei, wenn man "den Hauptstoß" (nur) gegen den "Hauptverursacher der Gefahren, den Kapitalismus" richtet. Die aus dem Ruder laufenden Finanzströme sind nur die Spitze des Eisbergs und ein vager Vorgeschmack dessen, was uns beim weiteren Aus-dem-Ruder-Laufen materieller Stoffströme erwartet, die von einer gigantischen Industriemaschine getriggert werden. Den "Ausbruch aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit" (Kant) noch immer in einer - und sei es nicht-kapitalistischen - Fortsetzung des Machbarkeitswahns des 20. Jahrhunderts zu suchen, eben das "materialistisch-deterministische Weltbild" einfacher monokausaler Welterklärungen zuu perpetuieren, wird den vor uns stehenden Herausforderungen in keiner Weise gerecht. "... ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm." (W. Benjamin, Geschichtsphilosophische Thesen, Suhrkamp, Frankfurt/M. 1965) Deshalb ist *gerade* der von ihrem Leser kritisierte Ansatz als zentral im Potsdamer Manifest zu bewerten und eine direkte Fortschreibung des Einstein-Russellschen Manifests.